P29


Sterbesettings – eine interdisziplinäre Perspektive (2020 – 2023)

C. Caduff1, E. Soom Ammann1, F. Müller2 (1Bern ; 2Zürich)


Hintergrund

In der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Sterben und Tod vollzieht sich ein tiefgreifender Paradigmenwechsel: Der Topos der Todesverdrängung, der um die Jahrtausendwende zu einem Höhepunkt gelangte, wird – auch durch eine verstärkte Diskussion in den neuen Medien – mehr und mehr durch eine neue Sichtbarkeit des Todes abgelöst. Zugleich tritt das Thema verstärkt in den Fokus verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen; insbesondere die Forschung zu Palliative Care hat im letzten Jahrzehnt enorm zugenommen.

Ziel

Das Projekt Sterbesettings konzentriert sich im Rahmen der spezialisierten Palliative Care auf die letzte Phase des Lebens, in welcher der Tod absehbar ist, sowohl für Sterbende selbst als auch für die beteiligten Angehörigen und Gesundheitsfachpersonen. Die institutionelle und persönliche Ausgestaltung dieser Phase wird aus vier disziplinären Perspektiven betrachtet: Sprache, Pflege, Religion und Design. Wie sind diese Komponenten beschaffen, und wie verhalten sie sich zueinander? Praxispartner des Projekts ist das Zentrum Palliative Care, Stadtspital Waid Zürich.

Methode

Mittels qualitativer Datenerhebung werden Daten zur Materialität, zur Praxis und zu Narrativen erhoben sowie frei zugängliche Quellen einbezogen, u. a. veröffentlichte autobiografische Sterbeberichte, Designobjekte, Fotomaterial und Websites von Einrichtungen der Palliative Care. Das Team setzt sich aus neun Forschenden zusammen, die Expertisen in Kulturwissenschaft, Pflege- und Designforschung sowie Religionssoziologie einbringen.

Resultate

Untersucht werden Praktiken, Skripte und Narrative, die sich in Sterbesettings manifestieren. Das Interesse gilt insbesondere deren interdisziplinären Verschränkungen: Was für eine Rolle spielt die spirituelle Dimension für die Pflege? Wie gehen pflegerische Handlungen in die Sprache ein? Welche Funktion kommt dem Design von Pflegeprodukten sowie der räumlichen Umgebung zu?

Schlussfolgerung

In Zusammenarbeit mit dem Praxispartner werden auch konkrete Design-Interventionen umgesetzt: Neu-Gestaltung von visuellem Kommunikationsmaterial sowie Entwurf von Pflegeprodukten für die Palliative Care. Zudem greift eine mit dem Team zusammenarbeitende Video-Performerin Erkenntnisse des Projekts auf und erarbeitet künstlerische Formate zu Bildwelten vom Sterben. Insgesamt hat das Projekt zum Ziel, den Handlungsspielraum und das Wohlbefinden von Sterbenden zu vergrössern und den Dialog zwischen ihnen, Angehörigen, Gesundheitsfachpersonen und Spitalseelsorgenden zu fördern.