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wie Familien mit Veränderungen am Lebensende umgehen: eine qualitative Studie

L. Morgenthaler1, N. Luethi1, S. Eychmüller1, S. Zambrano1 (1Bern)


Hintergrund

Lebenslimitierende Erkrankungen haben oft tiefgreifende Auswirkungen auf das Leben der Patienten und deren Familien.

Ziel

Ziel dieser Studie war es, die unterschiedlichen Folgen einer Erkrankung auf das Familiensystem am Lebensende zu untersuchen.

Methode

Von Februar bis Juni 2020 führten wir im Rahmen eines EU-Forschungsprojektes auf unserer Palliativstation 12 Einzel-Interviews mit je 6 Patienten mit einer Lebenserwartung unter 6 Monaten und 6 Angehörigen durch. Die durchschnittliche Interviewdauer betrug 78 Minuten. Die Daten wurden anschliessend gemäss einer thematischen Vorgehensweise qualitativ analysiert.

Resultate

Wir stellten Veränderungen in drei Bereichen fest: a) Beziehungen, b) Verteilung von Rollen und Verantwortung und c) Kommunikation.

Viele Patienten und Angehörige berichteten, sich bestimmten Personen näher zu fühlen als vor der Krankheit. Auch Teilnehmer, die bereits vor der Krankheit einem bestimmten Angehörigen nahegestanden waren, entdeckten im Laufe der Krankheit häufig neue Aspekte der Beziehung, was ein Gefühl tiefer Verbundenheit hervorrief und allgemein als positiv erlebt wurde.

Veränderungen durch die Erkrankung auf das vorbestehenden Familiengefüge hatten auch Auswirkungen auf die Verteilung von Rollen und Verantwortung. Gerade für Patienten, die es sich gewohnt waren für die Familie zu sorgen, war die Abgabe von Verantwortung schwierig.

Veränderungen in der Kommunikation konnten einerseits durch Einschränkungen in Folge sedierender Medikamente oder neurokognitiver Symptome bedingt sein. Andererseits berichteten die Teilnehmer über Aufkommen neuer Gesprächsthemen am Lebensende, wie Patientenverfügung, Regelung persönlicher Angelegenheiten oder Thematisieren starker Gefühle und Emotionen, wie Trauer. Die Bereitschaft diese Gespräche zu führen variierte je nach Thema und der Art der Beziehung zwischen den Familienmitgliedern.

Schlussfolgerung

Eine lebenslimitierende Erkrankung betrifft nicht nur den Patienten allein, sondern hat Auswirkungen auf das gesamte Umfeld und Familiengefüge, was bei der Behandlung von Patienten zu berücksichtigen ist. Obwohl in der Palliativmedizin Patienten und Familien typischerweise als Einheit betrachtet werden, ist dies ausserhalb der Palliativmedizin häufig nicht der Fall. Um eine optimale Versorgung von Patienten und ihren Familien zu gewährleisten, ist es deshalb unerlässlich, auch Gesundheitsfachpersonen ausserhalb der Palliativmedizin für die Bedürfnisse von Patienten und Angehörigen zu sensibilisieren.