P42
Die Mensch-Tier-Beziehung in der Palliative Care: Empfehlungen für das Pflegesetting
K. Weber1, A. Schumacher1, B. Müller1 (1Luzern)
Hintergrund
2019 waren 18,7% der Schweizer Bevölkerung über 65 Jahre alt (Bundesamt für Statistik, 2019). In dieser Umfrage gab jeder Dritte Einsamkeit in einem Spektrum von „manchmal auftretend“ bis zu einem „häufig erlebten Zustand“ an. In diesem Lebensabschnitt nehmen für SeniorInnen Tiere häufig eine wichtige Rolle ein (Gäng, 1992).
In den letzten Jahren wurden vermehrt die positiven Effekte von Tieren auf das Allgemeinbefinden, die Zufriedenheit und die Aktivitätsbereitschaft von Menschen untersucht (Hegedusch, 2007). Dies sollte auch die Wesentlichkeit der Mensch-Tier-Beziehung am Lebensende einbeziehen (Gottschling, 2012). Über das relativ neue Untersuchungsfeld wird jedoch nur eingeschränkt recherchiert: Zum einen wird Sterben wenig als sozialer Prozess untersucht (Thönnes, 2011), zum anderen ist der Einbezug der Tiere von professionellen SterbebegleiterInnen wenig etabliert.
Ziel
Durch die Auseinandersetzung mit Fachliteratur und anhand Interviews mit FachexpertInnen zum aktuellen Stand in der deutschsprachigen Schweiz wird die positive Mensch-Tier-Beziehung am Lebensende aufgezeigt. Dies bildet die Argumentationsgrundlage für deren schützenswerten Stellenwert im palliativen Kontext. Durch die entwickelten Resultate dieser Arbeit werden Empfehlungen für die Umsetzung im palliativen Pflegesetting formuliert, um eine gelebte Mensch-Tier-Beziehung so weit wie möglich zu unterstützen und in der palliativen Begleitung miteinzubeziehen.
Methode
Die vier Dimensionen des Total Pain Konzepts werden als Bezugsrahmen zur Deutung der positiven Wirkungen der Mensch-Tier-Beziehung in palliativen Pflegesettings angewendet. Der aktueller Stand der Forschung zu diesem Thema wird zusammengefasst und halbstrukturierte Interviews mit FachexpertInnen aus der Deutschschweiz werden durchgeführt, um praxisrelevante Empfehlungen zu formulieren.
Resultate
Im Deutschschweizer ambulanten Pflegesetting wird der Einsatz eines Sozial- oder Therapiehundes sowie anderer Tiere im Vergleich mit beispielsweise Deutschland kaum genutzt. Anders sieht die Situation in Hospizen und am Inselspital Bern aus. Diese Institutionen haben das Angebot in ihr Palliative Care Konzept aufgenommen und machen sehr gute Erfahrungen damit. Diese positiven Erkenntnisse unterstreichen die Sinnhaftigkeit von Angeboten die Mensch-Tier-Beziehung in der palliativen Begleitung zu unterstützen.
Schlussfolgerung
In der vorliegenden Arbeit konnten die positiven Auswirkungen der gelebten Mensch-Tier-Beziehung in der Palliative Care anhand mehrerer bestehenden Studien und die durchgeführten Experteninterviews zum aktuellen Stand in der deutschsprachigen Schweiz aufgezeigt werden. Diese Beziehung zu fördern und zu erhalten ist vorwiegend bei tieraffinen Menschen angezeigt. Mittels des Total Pain Konzeptes konnte dargestellt werden, dass die gelebte Mensch-Tier-Beziehung begünstigende Auswirkungen auf alle vier Dimensionen haben kann. Der aktive Einbezug und deren Förderung am Lebensende vermag sich wesentlich auf die Verbesserung und Erhaltung der Lebensqualität von betroffenen Personen auszuwirken.